FESTIVAL TOUR #2 – KREUZBERG

Das Project Space Festival ist auch eine Entdeckungstour durch die Stadt. Der Kurator und Journalist Jan Kage führt uns zu seinen Lieblingsorten in Kreuzberg, wo am 15. August der Festival-Beitrag seines Projektraums SCHAU FENSTER stattfinden wird. Wie es sich im Kunstraum Kreuzberg wohnt und wo man noch richtig stöbern kann – ein Besuch in Kreuzberg.

Kunstraum Kreuzberg
„Ich bin 1997 nach Berlin gekommen. Ton Steine Scherben waren für mich als Teenie natürlich Götter: „Der Mariannenplatz war blau, so viele Bullen waren da.“ Für jemanden, der romantisch nach Berlin schaut, ist der Mariannenplatz mit diesem ikonischen Gebäudeensemble des Bethanien einfach ein unglaublich aufgeladener Ort.

Den Kunstraum Kreuzberg im Bethanien habe ich dann vor fünfzehn Jahren kennengelernt, als Adrian Nabi dort die wichtige Ausstellung Backjumps – The Live Issue kuratiert hat. Damals, als die Urban Art, die man zu der Zeit noch Street-Art nannte, noch cool und frisch war, als noch nicht alle Banksy oder Swoon nachgemacht haben. 2012 habe ich dort selber mal eine große Ausstellung ausgerichtet, eine Retrospektive zum neunjährigen Jubiläum meiner Partyreihe PARTY ARTY: sieben Wochen und über fünfzig Künstler*innen. Um die eklektische Breite der Positionen zu erklären, habe ich da auch meine Wohnung reingebaut, samt Bett, Küchentisch, Kühlschrank und Herd, sogar mein Schlagzeug war da und meine Freundin ist auch gleich mit eingezogen. Es kamen Freunde vorbei, man hat zusammen gegessen, getrunken und gejammt. Ich habe dort echt gelebt. Deshalb habe ich eine ganze persönliche Verbindung zu diesem tollen Ort.

Kommunale Galerien haben ja den Ruf, ein bisschen piefig zu sein. Der Kunstraum bricht das aber ziemlich. Dank Leuten wie dem Leiter Stéphane Bauer ist dem Ort etwas von seinen alten Wurzeln erhalten geblieben, ohne dabei gestrig zu wirken.“

Mariannenplatz 2
10997 Berlin
www.kunstraumkreuzberg.de

3 Schwestern
„Als ich im Kunstraum wohnte, wollte ich eigentlich immer morgens im Bademantel rüber ins 3 Schwestern und dann Frühstück essen. Der Weg über den endlosen Korridor war mir dann aber doch zu lang. Aber frisch angezogen habe ich damals dort zum Mitarbeiterpreis essen dürfen. Das 3 Schwestern macht deutsche Küche und wird von zwei gut aussehenden Berliner Rock ’n‘ Rollern betrieben: Wolfgang und Michael. Ich bin als Tourmanager lange durch Deutschland gereist. Da kommt man in die ganzen Mittelstädte und geht zum Italiener oder zum Chinesen und dann ist die Pizza Margherita halt die Pizza Margherita und die Nr. 17 ist die Nr. 17. Das hat man alles in Berlin auch. Aber! Der Fränkische Sauerbraten und der Rheinische Sauerbraten, die kennen kleine Unterschiede. Und die Kuttelsuppe findet man auch nicht überall. Gibt’s nicht alles so im 3 Schwestern, aber so ungefähr. Deutsche Küche und ziemlich entspannt.“

Mariannenplatz 2
10997 Berlin
www.3schwestern.com

Kwadrat
„Die Galerie Kwadrat wird von meinem Freund Martin Kwade betrieben. Man fragt sich bei Martin eigentlich immer, warum er nicht der Künstler ist. Er wirkt ein bisschen neurotisch getrieben, chainsmoking und immer unter Strom. Er hat auch jahrelang die Artist Night in der King Size Bar gemacht und hat da echt schöne Abende kreiert. Martins Ausstellungen sind besonders, weil er sich da als Einmannbetrieb voll reinhängt. Er betreibt immer einen ungeheuren Aufwand. Ich kann mich erinnern, in seinen alten Räumlichkeiten hat er mal eine Arbeit von Awst & Walther gezeigt, die eine lange Röhre durch die Galerie zogen, wofür dann durch die Wand gefräst werden musste. Unglaublich! Machen, machen, machen und immer brennen an beiden Enden und alle mitnehmen. Das ist Martin. Gerade zeigt er Wolfgang Lugmair, der auch draußen gleich die ganze Brandwand bemalt hat.“

Manteuffelstraße 92
10997 Berlin
www.kwadrat-berlin.com

b_books
„Mein liebster Buchladen neben dem Kisch & Co auf der Oranienstraße ist das b_books. Ich bestelle meine Bücher nicht im Internet, ich geh einfach schnell da vorbei. Im Buchladen hat man sein Buch auch am nächsten Tag. Man vergisst manchmal, wie wichtig das Stöbern ist. Das ist einfach eine ganze andere Art des Entdeckens und Findens. Und im b_books kann man wild herumlesen und sich super beraten lassen. Klein und diskurslastig, betrieben von Leuten wie Katja Diefenbach und anderen Intellektuellen. Die haben ein tolles Programm an Kunst, Wissenschaft, aber auch einfach Romane, seit über zwanzig Jahren. Der Laden ist für Kreuzberg was Pro qm für Mitte ist. Und ziemlich unverzichtbar.“

Lübbenerstr. 14
10997 Berlin
www.b-books.de


Texte von Jan Kage
Protokolliert von Manuel Wischnewski
Fotografiert von manuscript696

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